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«Ich Fühlte Mich Verraten», Sagt Salomé Weber – Aber Das Ist Jetzt Vorbei

«Ich fühlte mich verraten», sagt Salomé Weber – aber das ist jetzt vorbei

Was kannst du gut?

Salomé Weber: Ich bin ein kreativer Mensch. Ich fotografiere, male, nähe und bastle gerne. Ich liebe es, in Brockenhäusern zu stöbern. Wir haben zum Beispiel viel zu viele Lampen eingekauft und müssen uns noch überlegen, welche wir wo aufhängen. Ich habe mir auch überlegt, im Gemeinschaftsraum ein Kreativ-Atelier einzurichten, um zusammen zu gestalten.

Was war das Mutigste, das du je getan hast?

Es ist noch nicht so lange her, da hab ich beschlossen, ganz egoistisch drei Wochen etwas ganz anderes zu tun, aus meinem Alltag auszubrechen. Etwas, was mir einfach gut tut, draussen in der Natur. Also ging ich als Freiwillige in ein Work Camp nach Finnland und hab zusammen mit anderen auf einem Bauernhof Feldarbeit geleistet. Gewohnt haben wir in einem Schulhaus.

Warum wolltest du ausbrechen?

Das letzte Jahr war für mich prägend. Ich bin Bildredaktorin und habe unerwartet die Kündigung bekommen. Meine Entlassung war systembedingt, nicht wegen meiner Leistung. Trotzdem fühlte ich mich verraten, da zu dieser Zeit mein Vater schwer krank war und bald darauf starb. Ich war deswegen also etwas neben den Schuhen. Das wussten meine Chefs und Kollegen und trotzdem erhielt ich die Kündigung. Zugleich haben wir auch noch eine Wohnung gesucht. Das alles hat mir einfach den Boden unter den Füssen weggezogen.

Gleich drei wichtige Dinge auf einmal im Umbruch.

Die drei Grundpfeiler im Leben, Job, Wohnung und wichtige Menschen – alles wankte. Mein Freund hat mir sehr geholfen, das Work Camp hat auch gut getan. Jetzt geht es mir wieder besser. Bei den Migros-Medien habe ich eine befristete Anstellung bekommen und mit der Wohnung bin ich glücklich. Der Gemeinschaftsraum ist toll. Überhaupt bin ich es nicht gewohnt, dass sich ein Vermieter so kümmert. Das Siedlungsfest, das Büchlein mit dem Künstler, der Grüncontainer, und vieles mehr. Auch die Webseite ist toll. Ich finde das alles nicht selbstverständlich.

Wie bist du aus der Krise gekommen?

Ich war ehrlich mit mir selber, habe nicht versucht, mir etwas vorzumachen. Akzeptieren, was geschehen ist, ist der erste Schritt. Wichtig ist auch, sich selber nicht die Schuld zu geben. Im Leben von jedem Menschen gibt’s Schicksalsschläge. Ich habe meinen Freundeskreis involviert, habe darüber geredet. Dabei merkte ich schnell, dass es andern oft nicht besser geht, und dass ich gar nicht so alleine bin.

Du hast dir hier eine Frage ausgesucht, die lautet: Bist du knapp normal?

Ja, ich finde die Frage witzig und ich habe sie mir selber auch schon gestellt. Bin ich normal? Nein, bin ich nicht. Ich ticke definitiv anders. Aber ich glaube, jeder Mensch tickt irgendwie auf seine Art. Das ist auch gut so. Normalität ist ein Wert, der stark durch die Gesellschaft geprägt wird, was sich allgemein gehört oder wie man sich allgemein verhalten soll, damit wir neben und miteinander leben können.

In welchen Situationen reagierst du nicht «normal»?

Wenn mir etwa eine Kollegin verzweifelt erzählt, sie hätte immer noch kein Kleid für das Hochzeit ihrer Freundin gefunden, dann finde ich das nicht so schlimm. Ich nehme zwar am Problem meiner Kollegin teil, aber es haut mich nicht vom Sockel. Wie soll ich das sagen? Ich denke in andern Bahnen, habe vielleicht andere Normen als die meisten.

Salomé Weber wohnt zusammen mit ihrem Partner Christoph Rahm in der Siedlung.

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