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Stadt Zürich passt Mietverträge an – Mieterverband gibt Auskunft

Ab Anfang Januar 2024 gelten neue Bestimmungen der Stadt Zürich für ihre Mieter*innen, die in nicht-subventionierten Wohnungen leben. Auf eine Wohnung der Stadt Zürich hat nur Anrecht, wer die Bestimmungen (siehe Interview unten) erfüllt. Den Mieter*innen der Kronenwiese wurde bereits das entsprechende Schreiben zugestellt. Auskunft gibt Kuno Gurtner von Liegenschaften Stadt Zürich, Telefon 044 412 52 92.

Welche Bedingungen müssen Mieter*innen erfüllen für eine Zürcher Stadtwohnung?

Walter Angst, Mieterverband: Es gibt drei Bedingungen. Mieter*innen müssen in Zürich angemeldet sein. Die Wohnung darf nicht unterbelegt sein. Und das sich aus dem steuerbaren Einkommen und einem Anteil des steuerbaren Vermögens zusammensetzende massgebende Haushalteinkommen sollte nicht höher als das Sechsfache des jährlichen Bruttomietzinses sein.

Bei der Belegung gilt die Regel Anzahl Zimmer minus 1 gleich Mindestanzahl Personen. Wer zu zweit in einer 4-Zimmer wohnt, muss in eine kleinere Wohnung wechseln.

Beim Vermögen gibt es mehr Spielraum. Wenn das massgebende Einkommen in mehr als 15 Prozent der Mietverhältnisse höher ist als das Sechsfache des Brutto-Jahresmietzins, müssen Haushalte mit den höchsten Einkommen eine andere Wohnung suchen oder ein Ersatzangebot von Liegenschaftenverwaltung annehmen.

Wenn die Regeln verletzt werden und Ersatzangebote abgelehnt werden, sollen Kündigungen ausgesprochen werden. Das will die vom Gemeinderat erlassene Vermietungsverordnung.

Gehen wir auf die Punkte einzeln ein. Zuerst zur Unterbelegung. Wie geht die Stadt damit um, wenn sich ein Paar trennt? Darf man dann die Wohnung behalten?

Wenn der Partner auszieht und die Kinder noch zu mindestens 50 Prozent in der Wohnung leben, muss keine kleinere Wohnung bezogen werden.

Kann man auch einfach einen Untermieter hinzunehmen? Gilt dann die Wohnung nicht mehr als unterbelegt?

Ja. Wichtig ist: Bei der Berechnung des massgebenden Haushaltseinkommens werden auch Einkommen und Vermögen des Untermieters einberechnet. Untermieter*innen mit hohem Einkommen oder Vermögen können ein Problem sein. Das gilt auch, wenn der Partner in die Wohnung einzieht. Dieser kann zwar mit gleichen Rechten in den Mietvertrag eintreten, sein Einkommen wird aber zum Haushaltseinkommen dazugerechnet.

Ob der neue Mieter wirklich der Lebenspartner ist, wird nicht im Detail geprüft. Es sind keine Zahnbürsten-Kontrollen vorgesehen. Falsche Angaben sollte man aber auf keinen Fall machen. Wird bekannt, dass von den Mieter*innen gemachte Angaben falsch sind, kann es zur Kündigung kommen.

Das heisst, wenn ein neuer Partner in der Wohnung lebt, hat man eine Meldepflicht?

Für Untermieter muss eine Bewilligung der Stadt vorliegen. Praxis ist, dass diese jedes Jahr erneuert werden muss. Auch Lebenspartner*innen müssen gemeldet werden. Diese darf die Stadt aber nicht ablehnen.

Wenn man Kinder hat, die bereits ausgezogen sind, aber ab und zu am Wochenende noch nach Hause zum Schlafen kommen – wie werden sie gerechnet?

Das sind keine Bewohner*innen. Es kann besondere Konstellationen geben. Zum Beispiel wenn die Kinder in einer anderen Stadt studieren und dort ein Zimmer haben, aber die elterliche Wohnung noch nutzen und hier angemeldet sind.

Die Stadt bietet an, bei Unterbelegung eine kleinere Wohnung für Mieter*innen zu finden. Wie lange oder wie viele Wohnungen darf man ablehnen?

Wenn Liegenschaften Zürich aufgrund der automatischen Abfrage der Meldedaten eine Unterbelegung feststellt, werden die Mieter*innen informiert. Dann beginnt eine einjährige Duldungsfrist. Wenn die Unterbelegung wegen eines Todesfalls entsteht, beträgt die Duldungsfrist zwei Jahre. Wenn die Unterbelegung nach Ablauf der Duldungsfrist immer noch besteht, erhält man die Aufforderung, ein Tauschformular einzureichen. Liegenschaften Zürich macht zwei Tauschangebote. Einen Anspruch auf eine Wohnung im gleichen Stadtkreis gibt es nicht – es sei denn, man hat schulpflichtige Kinder oder man ist über 70 Jahre alt. Wer zwei zumutbare Tauschangebote ablehnt, erhält die Kündigung. Abgelehnt werden darf ein Tauschangebot nur aus triftigem Grund – zum Bespiel aus gesundheitlichen Gründen.

Man muss künftig die gesamte Steuerrechnung gegenüber der Stadt offenlegen. Ist das ein zulässiger Eingriff in die Privatsphäre?

Liegenschaften Zürich hat vom Gemeinderat den Auftrag erhalten, alle drei Jahre den Anteil der Mietverhältnisse abzuklären, bei denen das massgebende Haushalteinkommen grösser ist als das Sechsfache des jährlichen Bruttomietzinses. Solche statistischen Auswertungen sind aus unserer Sicht unproblematisch. Problematisch wird es, wenn diese Daten für einzelne Haushalte erhoben werden und die Bewirtschafter*innen jederzeit die Steuerdaten «ihrer» Mieter*innen überprüfen können. Der gläserne Mieter ist nicht das, was wir wollen.

Wer eine städtische Wohnung mieten will, ist in einer Zwangslage. Wird die Zustimmung zur Abfrage der Daten nicht geben, wird man bei der Vergabe der Wohnungen nicht berücksichtigt. Bisherige Mieter*innen haben diese Zustimmung nie gegeben. Ich gehe davon aus, dass im Rahmen der Überprüfung der Ende August verschickten einseitigen Vertragsänderung geprüft wird, welche Datenabfragen in diesen Fällen zulässig ist.

Wann lohnt es sich, die einseitige Vertragsänderung anzufechten?

Ob und in welchen Punkten die verschickte Vertragsänderung Wirkung entfaltet, kann nur ein Gericht entscheiden. Wie weit diese Vertragsänderung einen Einfluss auf mietrechtliche Auseinandersetzungen hat, die es nach der 2024 ablaufenden Übergangsfrist für bisherige Mieter*innen geben kann, ist im Moment ebenfalls offen. Da Liegenschaften Zürich ein Urteil auch auf gleichgelagerte Fälle anwenden würde, empfehlen wir, nur nach eingehender Prüfung an die Schlichtungsbehörde zu gelangen. Mitglieder des MV, die Fragen haben, können sich bei uns beraten lassen.

Wie schnell muss man handeln?

Man hat nach Erhalt der Vertragsänderung 30 Tage Zeit, diese anzufechten. Diese Frist läuft für die Mieterinnen und Mieter, die mit der Stadt Zürich einen Vertrag haben, am 24. September ab.

Wie erleben Sie die Stadt grundsätzlich als Vermieterin?

Als sehr sorgfältige Vermieterin mit einem sehr offenen Ohr für Härtefälle. Berücksichtigen muss man, dass die vom Gemeinderat beschlossenen neuen Vermietungsbedingungen und das Reglement den Bewirtschafter*innen ein sehr enges Korsett angelegen. Man will mit klaren Regeln verhindern, dass der Verdacht aufkommt, Mitarbeiter*innen von Liegenschaften Zürich würden willkürlich entscheiden. Das hat Vorteile, aber auch Nachteile. Zu letzteren gehört, dass es nur noch wenig Spielraum für Ermessensentscheide gibt. Da ein Reglement nicht alle Lebenslagen erfassen kann, wird es Entscheide geben, die unverständlich sind. Ich habe den Eindruck, dass die Leitung von Liegenschaften Zürich sich dessen bewusst ist. Deshalb können und sollen einzelne Entscheide von Bewirtschafter*innen auch hinterfragt werden.

Vielen Dank für das interessante Gespräch, Herr Angst.

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